Historikerin und Essayistin, forscht und schreibt über Ökologien und Kosmologien, Zoos und Löwenbabys, Mütter und Kinder.

Aktuelles

Christina Wessely ist Professorin für Kulturgeschichte des Wissens an der Leuphana Universität Lüneburg. Sie studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Wien und der Freien Universität Berlin und promovierte an der Universität Wien zur Kulturgeschichte Zoologischer Gärten. Postdoctoral Research Fellowships erhielt sie vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin und vom Department of the History of Science der Harvard University. Anschließend war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Doktoratskolleg ‘Naturwissenschaften im historischen, philosophischen und kulturellen Kontext’ an der Universität Wien sowie am Institut für Geschichtswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin tätig, wo sie 2014 auch habilitiert wurde. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der Lebenswissenschaften, insbesondere die Geschichte der Ökologie sowie die Geschichte der Mensch-Tier-Beziehungen. Darüber hinaus arbeitet sie zum Verhältnis von Wissenschaft und Pseudowissenschaft, zur Geschichte der Kritischen Theorie sowie zu historisch-materialistischen Epistemologien.

In ihren literarischen Arbeiten, die sie ebenso wie ihre wissenschaftlichen Texte als Erkenntnismedien versteht, widmet sie sich den Aporien zeitgenössischer Mutterschaft und der ästhetischen Reflexion von ‘Geschichte’.

Wenn Freundinnen sie nach ihrem Befinden fragen, verstummt sie. Seit der Geburt ihres Sohnes fühlt sie sich verloren, radikal fremdbestimmt und abgeschnitten von der Welt und ihrem alten Leben. Das winzige Kind ein Fremder, den zu lieben ihr kaum gelingen will. Warum scheint plötzlich all das, wovon sie – als Wissenschaftlerin, als Feministin, als Frau – überzeugt war, nicht mehr gültig zu sein? Christina Wessely erzählt die berührende Geschichte einer Mutterwerdung und verbindet dabei eindrucksvoll persönliche und essayistische Erkundung. Mit Intelligenz und Zärtlichkeit umreißt sie ihr Selbstverständnis als emanzipierte Frau – in Kollision mit gängigen Vorstellungen von Mutterschaft, Weiblichkeit und Liebe.

Christina Wessely: Liebesmühe. München, Hanser 2024

Presseanfragen bitte an kirsten.vogelsang@hanser.de

Näheres zum Buch ist hier zu finden:

Bei der Räumung der großelterlichen Wohnung stoße ich auf eine mehr als dreißig Jahre alte Fotografie, die mich mit meinem Vater und einem jungen Löwen im Safaripark Gänserndorf bei Wien zeigt. Eine Recherche fördert Erstaunliches zu Tage: Löwenbabys, süß und flauschig und zugleich Symbol für Potenz und Überlegenheit, sind vor Fototapete und Baumstamm bis in die 1980er Jahre ein beliebtes Motiv für Souvenirs aus den heimischen Safariparks. Heutzutage erscheinen uns diese Bilder höchst befremdlich. “Löwenbaby” schreibt ihre kleine Kulturgeschichte, ist das Porträt eines pervertierten Nischengeschäfts und zugleich eine Analyse des sich wandelnden Verhältnisses zwischen Mensch und Tier.

Christina Wessely, Löwenbaby, Berlin, Mattes & Seitz 2019.

Der Tod Theodor W. Adornos markierte nicht nur für die Kritische Theorie, sondern insgesamt für die Geistesgeschichte der BRD eine Zäsur. Wenn heute in der Geschichtsschreibung zur Kritischen Theorie von der nachfolgenden ›zweiten‹ und ›dritten Generation‹ die Rede ist, bleibt die Vielzahl an methodischen Weiterentwicklungen und theoretischen Neupositionierungen all jener, die der kommunikationstheoretischen Wende bei Habermas mindestens skeptisch gegenüberstanden, weitgehend unberücksichtigt. Ihnen widmet sich dieser Band und bietet damit auch ein Panorama der späteren Nachkriegsgeschichte Kritischer Theorie.

Dennis Göttel, Christina Wessely (Hg.), Im Vorraum: Lebenswelten kritischer Theorie um 1969, Berlin, kadmos 2019

Die Geschichte der Wissenschaften war und ist immer auch eine des Kampfes gegen das Unwissenschaftliche. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Begriff der “Pseudowissenschaft” zu. Zwar ist er in Abgrenzungsbemühungen omnipräsent, bleibt auf wissenschaftssoziologischer und erkenntnistheoretischer Ebene jedoch unbestimmt. Der vorliegende Band überprüft ihn anhand von Fallstudien zu Theorien und Praktiken, gegen die Abwehrrhetoriken und Verteidigungsstrategien in Stellung gebracht wurden, sowie wissenschaftspolitischen Konstellationen finden sich untersucht, die zur Einordnung als Pseudowissenscahft geführt haben.

Dirk Rupnow, Veronika Lipphardt, Jens Thiel, Christina Wessely (Hg.), Pseudowissenschaft, Berlin, Suhrkamp 2018.

Spätestens als 1969 die ersten Menschen den Mond betraten, konnte es keinen Zweifel mehr geben: Der Trabant bestand nicht aus Eis, wie der österreichische Maschineningenieur Hanns Hörbiger behauptet hatte. Von 1894 an hatte er, einem »intuitiven« Impuls folgend, die sogenannte Welteislehre oder Glazialkosmologie entwickelt, die davon ausging, das Universum sei zu großen Teilen aus gefrorenem Wasser zusammengesetzt. Hier wird erstmals diese schillernde Geschichte einer kosmologischen Theorie erzählt, die bis in die 1940er Jahre ungeheure Popularität genoss und großen Einfluss ausübte – nicht zuletzt auf Adolf Hitler (»Ich neige der Welteislehre von Hörbiger zu«). Eingebettet ist dies in eine Reflexion über das Verhältnis und die gegenseitige Befruchtung von Wissenschaft und Pseudowissenschaft.

Christina Wessely, Welteis: Eine wahre Geschichte, Berlin, Mattes ¢ Seitz 2013

Um 1900 entstanden in West- und Mitteleuropa mehr als vierzig Zoologische Gärten. Die Gründung dieser Institutionen war nicht zuletzt politisch motiviert, sollte das Volk durch die Beobachtung der Tiere und den Aufenthalt in der freien Natur doch »versittlichen und einsichtsreifer werden«. Tiere und Landschaften waren dabei ebenso sehr von den Erfahrungs- und Vorstellungswelten ihres städtischen Publikums bestimmt, wie von exotistischen Klischees des Fremden. “Künstliche Tiere” beschreibt den andauernden Erfolg eines Trennungsversuchs von Natur und Kultur, Wildnis und Weltstadt, Tier und Mensch ebenso wie die gegenseitige Durchdringung und das Spannungsverhältnis zwischen diesen Kategorien.

Christina Wessely, Künstliche Tiere, Berlin, kadmos 2008.